So fühle ich mich am wohlsten. Alles hinter mir abbrechend und blind ins Nirgendwo schreitend, auf zu neuen Abenteuern und in unendliche Weiten vordringend, die mich natürlich mit offenen Armen empfangen werden und sowieso schon immer auf mich gewartet haben. Aber ich glaube ja nun an mich selbst, und deshalb wird schon alles gut gehen. Und wenn es auch nur Selbstlüge ist, allein die Illusion, die Phantasie, sie gehören zum Erhabensten, zu dem ein Mensch fähig sein kann. Wie auch die Verdrängung. Die Kunst des Verdrängens kann gar nicht genug gehegt und gepflegt werden, schützt sie doch vor so gerade gar nicht angebrachten Selbstzweifeln und dem mickrigen Gefühl der Gewöhnlichkeit der eigenen Existenz.
Die Uhr tickt, der Kalender frisst sich schleichend bis an mein Grab. Bis dahin habe ich aber doch noch was vor mit meinem Leben, und, hey Chef, ich möchte tatsächlich Geld verdienen. Also haue ich auf die Kacke, so wie es die Puffgängerfraktion mir jeden Tag vormacht und gebe mich eloquent, was ich zweifellos bin. Beste Voraussetzungen.
Ich habe den Login zu meinem Zweitblog vergessen. Dummerweise auch die Identität dazu, an deren Email-Adresse das Passwort oder der link oder der wasweißich gesendet werden kann. Nun habe ich also diesen gewissen Zweitblog, den ich sehr gerne hab. Manchmal habe ich ihn lieber als diesen hier, diesen geschundenen und wieder und wieder gestutzten und gelifteten, alternden mehr oder weniger eigenwillig beschriebenen Körper. Aber wie das so ist, auch die schönsten Falten erscheinen manchmal nur als störend, nicht mehr und nicht weniger. Und dann habe ich schon gar keine Lust mehr, meinen eigenen Geheimnissen auf die Schliche zu kommen und verliere mich lieber in der Fassade des anderen Körpers und würde so gerne wieder in ihn eindringen, doch ich habe vergessen, wie es geht.
Das ist dann auch ein sich im Kreise drehen, ewiges, kreisend halt. Soviel Kreide gibt es gar nicht. Und deshalb, wie gelenkt, den Stein ins Rollen gebracht, ihn durch die tiefste Mulde den Abhang hinaufgejagt, bis er im Zenit stockend zu Boden fällt.
Und auseinander bricht und den Kern freilegt, den eigentlichen, über Jahre im Granit der unterdrückten Sehnsüchte eingeschweißten Kern. Und dann kommen die Perlensammler und machen was schönes draus.