Das Dönermädchen ist nicht mehr da. Zuletzt sah ich es vor dem Spielautomaten stehen, vor dem es eine lallende Einweisung in die Geheimnisse des erfolgreichen Spielens von einem bärtigen Mann undefinierbaren Alters bekam. Das Dönermädchen wurde Tag für Tag bzw. Abend für Abend von seiner Mutti in den Dönerladen mitgeschleppt, wo es zu essen und zu trinken bekam. Dönermädchen war schätzungsweise 8 oder 10 jahre alt und sah extrem ungesund aus, was unter Umständen auf seine Ernährung zurückzuführen war. Während also das Dönermädchen gelangweilt die paar Tasten des so imposant blinkenden Spielautomatens drückte, saß Mutti in der Regel schon mit dem zweiten 'Berliner Kindl' (Bier) am Tisch gleich hinter dem Eingang und ließ die Seele baumeln. Ich weiß nicht, wieviele Döner dieses Mädchen täglich essen musste, weil Mutti nicht kochen wollte, und ich weiß nicht, ob inzwischen nicht doch das Jugendamt eingeschaltet worden ist. Ich hoffe es.
pollon - September 5, 22:35
Treffen sich zwei Schüchterne.
Ende
pollon - September 5, 16:47
gestern sah ich Deinen Film 'Firewall' und naja, was soll ich sagen, Dr. Kimble war spannender und außerdem warst Du zu der Zeit doch noch etwas jünger und schwungvoller, was Deinen über die Jahrzehnte liebgewonnenen zwei Gesichtsausdrücken durchaus stand. Aber nun bist Du alt, Deine Haare sind zwar grau, aber merkwürdig frisiert und Deine Bewegungsläufe sind nicht mehr ganz störungsfrei, was kein Problem wäre, hättest Du nicht diese Rolle des junggebliebenen Netzwerkspezialisten eines Bankenkonzerns angenommen, die Dir nicht steht. Han Solo oder Indy wirst Du nie wieder sein, das wäre wirklich lächerlich, aber die Rolle des stylishen Limousinenfahrers im Lancia-Spot hätte unbedingt ausgebaut werden müssen, und ich verbleibe in der Hoffnung auf gute Drehbücher.
pollon - September 5, 13:00
Hurtig und bis in die entlegensten Muskelfasern mit Elan gestopft, verlasse ich das Haus und passiere den Dönerladen. Auf den ersten Blick nichts ungewöhnliches zu sehen, das immer gleiche Inventar an hochverfetteten Pressfleischopfern döst kauend auf den Bänken, hebt gelegentlich die rotgesichtigen Köpfe und schaut mich aus verödeten Augen an. Alles wie immer also, nicht eines weiteren Gedankens wert, doch als ich vorbeigehe, trifft mich der Atem des Dönerladens mit heimtückischer Wucht. Eine Schweißwolke springt von einer Bank, fällt mich an und ringt mich nieder, es ist einfach zum Kotzen. Ich kann mich nicht wehren, taumele benommen weiter, will nur noch weg von hier, der Geruchshölle entkommen und meine Atemwege nicht länger den Biskin- und Schweißwinden aussetzen. Und ich schaffe es, mit letzter Kraft entwinde ich mich den Klauen menschlicher Schweißdünste und werfe im Weggehen einen Blick auf die Schweißquelle: am Ende der Tischreihen sitzt ein Frau. Sie sitzt regungslos da und starrt auf den Döner in ihrer Hand. Ahnt sie, dass ihre Synapsen von Sekunde zu Sekunde verfetten? Nein. Sie beißt noch einmal herzhaft ab, und in ihren Äuglein strahlt es schwach aber zufrieden und satt. Ich rauche erst mal eine - meine Atemwege müssen desensibilisiert werden.
pollon - September 3, 20:26
Für gewöhnlich unerfreuliche Autounfälle können von höchstem Entertainmentwert für Zaungäste sein. Ich gehe am Dönerladen vorbei, als das dumpf-machtvolle Geräusch eines Auffahrunfalls mich aus meiner Abwesenheit reißt. Nichts weiter passiert, kein Personenschaden, aber volle Pulle Krach auf den Bänken vor dem Dönerladen. Ungefähr 5 abgefüllte Dauergäste des Dönerladens gröhlen schmatzend und spuckend Bier und Fleisch schluckend, als hätte soeben der Biergott dem Bionadengott einen Tritt gegeben und beömmeln sich über den Blechschaden in authentischster Schadenfreude. Volle Pulle, Volle Pulle, Alter, immer volle Pulle. Haste gesehn? Volle Pulle!
pollon - August 31, 00:12
Fette betrunkene Frau:
- ich habe meine 78 kilo und das reicht mir
Fetter Mann sagt etwas zu ihr, das sie anscheinend missversteht.
Fette Frau, zunehmend lauter werdend, das beschwichtigende Gerede des fetten Manns ignorierend:
- ich kann fressen was ich will
- ich fresse jetzt was ich will
- soweit kommts noch, dass ich mir verbieten lasse, was ich fresse
- ich fresse, was ich will
- ich kann alles fressen, was ich will
pollon - August 29, 22:22
Der Dönerladen. Unweigerlich kommt hier vorbeigelaufen, wer in die Tram einsteigen oder auch nur die Kreuzung überqueren will, wie auch immer, er lauert träge und riechend wie ein alter fettgefressener Lurch im Schutze eines entsetzlich alten Steines. Bewegt sich der Lurch, öffnet er sein Maul, dringt der Geruch seines Atems in Kleiderfalten und Hautporen, in Haarfasern und Gehwegritzen. Geh weg, scheinen die Parasiten zu gröhlen, die unter der Markise sich mit Pressfleisch aus Berlin-Brandenburg vergiften, deren Häute die Konsistenz eines übergaren Leberkäses angenommen haben und deren Haare von Zigarettenrauch und schalem Bier imprägniert keiner Pflege bedürfen.
Fett - überall Fett. Halte den Atem sage ich zu mir, wenn der Wind das Grillfett zu mir trägt, wenn der Fettwind sich um mich und auf meine Kleider legt. Ich kann nicht anders, habe keine Alternative. Die Straße zu überqueren ist zwecklos, denn ich kann ihm nicht entkommen. Wenn es Sommer ist und der Wind ungünstig steht, rieche ich den Geruch von Pressfleisch, den der Fettwind durch die geöffnete Fenster trägt.
pollon - August 29, 21:51