Unter Strom
Nun aber
Knopf drücken, den Gain-Regler hochdrehen bis auf 10.
Rauschen, Knacken, Knistern, Rascheln.
Plug in baby* auspacken, Kabel stecken, in den Arm nehmen, umhängen.
Noch nicht warm, noch nicht locker, soll ich Dich trotzdem spielen.
Kein Vorspielen, kein Proben, kein Auftreten.
Heute wird nicht gestimmt, ich spiele Dich wie Du bist.
Die linke Hand über den Hals gleiten lassen, Saiten unter Spannung.
Stille.
Rauschen, Knacken, Knistern, Rascheln.
Rückkoppeln bis die Membran scnnarrt.
Die rechte Hand auf die Saiten fallen lassen.
Und spielen.
Krachen, Lärmen, Dissonanzen, Disharmonien.
Hooks und Takte, Riffs und Rhythmen.
Distortion
Overdrive
Schweiß
Bis der Kopf leer ist. Ganz leer. Keine Unschärfen.
Bis der Moment kommt, in dem ich eins mit Dir bin. Losgelöst. Nur Du und ich.
Die Spannung löst sich, und es ist alles neu, Wärme steigt auf, strömt bis in die Fingerkuppen, die auf Deinen Saiten liegen, verweilen, innehalten, zur Besinnung kommen, zu Atem kommen.
Delay
Die Hände über die Saiten huschen lassen, ihnen Flageoletts entlocken.
Flüstern, Säuseln, Singen, Fließen.
Schweben.
Fliegen.
Loslösen.
Loslassen.
Anyone can play guitar*, aber mit ihr zu sprechen ist noch etwas ganz anderes.
*Muse
*Radiohead
pollon - Oktober 18, 21:00